17.06.2020

Sketchnotes: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte

Sketchnotes verbinden Notizen mit kleinen Zeichnungen. Sie denken das ist nichts für Sie, weil Sie nicht zeichnen können? "Völliger Unsinn!", sagt Dr. Wolfgang Irber. Im Interview mit uns von Mein RothStift verrät er, wie Sketchnoting der Erinnerung auf die Sprünge hilft.

Jemand malt mit einem Staedtler Lumocolor Flipchart Marker Skizzen von Haus und Baum auf ein Blatt.

Hallo Herr Dr. Irber! Wie sind Sie zum Sketchnoting gekommen?

Ich habe schon immer meine Unterlagen mit Verzierungen versehen: kleine Zeichnungen, ein Rahmen, Pfeile, Icons und allgemeine Kritzeleien. Und ich finde es faszinierend, wie wir visuelle Information im Gehirn verarbeiten. Ich erinnere mich noch gut, wie wir im Kunst-Leistungskurs ein ganzes Halbjahr nur über die visuelle Wahrnehmung diskutierten. Super spannend! Denn die visuelle Wahrnehmung folgt bestimmten Grundregeln. Unser Gehirn muss laufend erkennen, ob Gefahr droht, wir etwas zu Essen sehen, oder die Möglichkeit zur Fortpflanzung gegeben ist. Erst wenn das geklärt ist, kommen andere Dinge in "Sichtweite". Was wir sehen und wie wir sehen, bestimmt also unser Gehirn und nicht das Auge.

Sketchnoting – was ist das genau?

Beim Sketchnoting geht es darum, geschriebene Notizen mit Bildelementen zu kombinieren. Das regt die Gehirnaktivität an und verbessert damit auch das Erinnerungsvermögen. Lesen wir die Notizen später wieder durch, können wir uns viel schneller an die Inhalte erinnern.

Wie funktionieren Sketchnotes?

Unser Gehirn arbeitet als "Mustererkenner": Es lernt vom ersten Augenblick an unzählige Formen und Interpretationen und gleicht neue Muster mit bestehenden ab. Das ist die "Programmiersprache", mit der es am schnellsten arbeitet. Später lernen wir eine zweite Sprache: Buchstaben und Worte. Das sind zwar auch Bildmuster, aber aus einem Text muss unser Gehirn erst eigene Bilder generieren. Mit Sketchnoting nutzen wir die Vorteile beider Sprachen: die Schnelligkeit von Bildern und die Präzision von Worten. Dabei verwendet Sketchnoting nur einfache Formen, keine komplizierten Zeichnungen. Somit kann das jeder!

Was sind die Vorteile von Sketchnotes gegenüber herkömmlichen Notizen?

Wir müssen während der Erstellung mehr Gehirnaktivität einsetzen, sind deshalb konzentrierter und schlafen beim Vortrag nicht so schnell ein. Zumindest mir hilft das enorm, selbst bei langweiligen Vorträgen. Gleichzeitig verankert die Methode die Informationen stärker im Gedächtnis. Wenn wir die Notizen später wieder ansehen, kommt über die Bilder das Geschriebene und das damals "Gedachte" viel schneller zurück. Die Bilder triggern die Erinnerung effektiver als reiner Text. Einen Text ohne Bilder müssen wir dagegen fast immer vollkommen neu lesen.

Sketchnotes mit unterschiedlichen Skizzen, um sich Dinge besser zu merken.
Sketchnotes verankern Informationen stärker im Gedächtnis

Wann und wo kann ich Sketchnotes anwenden?

Überall, wo Sie etwas notieren müssen, an das Sie sich später besser erinnern möchten. Die Bildnotizen sind aber meist nur für einen selbst von Nutzen. Wer die Sketchnotes nicht erstellt hat, dem fehlt ein wichtiger Teil für die spätere Erinnerung.

Wie lassen sich Visualisierungstools gezielt im Job einsetzen?

Zum Beispiel bei einem Flipchart für ein Seminar oder einem Poster, das im Rahmen eines Workshops – beispielsweise eines World Cafés – erstellt wird. Sie bekommen mit Bildern viel mehr Aussagekraft.

Wie kann man als Arbeitnehmer davon profitieren? Wie als Arbeitgeber?

Der Arbeitnehmer profitiert, in dem er sich viel besser an neue Inhalte erinnern und auch mit anderen darüber kommunizieren kann. Der Arbeitgeber profitiert, weil interne Fortbildung und Kommunikation deutlich effektiver ablaufen.

Für Sketchnotes muss ich zeichnen können, oder?

Zum Glück nicht! Sie sollten nur die Grundregeln der visuellen Kommunikation berücksichtigen. Selbst wenn Sie auch nur mit rein grafischen Elementen wie Rahmen, Pfeilen, Linien, Schatten und Farbe arbeiten, erreichen Sie schon viel. Natürlich hilft eine gewisse zeichnerische Begabung, sie ist aber keine Grundvoraussetzung.

Was brauche ich für das Sketchnoting?

Das einfache Sketchnoting funktioniert mit jedem Stift. Das kann ein Bleistift sein, ein Filzstift, ein Kugelschreiber, ein Füller. Mit einem dicken Bleistift können Sie leichter Schatten hinzufügen, besser noch mit einem hellgrauen Faserstift – zum Beispiel von STAEDTLER. Mit ein paar eher transparenten Farben können Sie zusätzlich gliedern. Doch hier gilt immer: weniger ist mehr. Ich persönlich sketche liebend gerne mit einem blauem Füller mit breiter flacher Spitze. Oder einem schwarzen Fineliner und einem hellgrauen Faserstift für den Schatten.

Wie kann ich Sketchnoting lernen – womit fange ich an?

Mittlerweile gibt es viele Bücher, Seminare und Online-Kurse. Es ist eher eine Frage der persönlichen Präferenz und wieviel Zeit und Geld Sie investieren möchten. Meiner Erfahrung nach bietet schon ein zwei Stunden-Kurs das wichtigste Rüstzeug. Danach folgt ganz profan: üben, üben, üben. Und das eigene Werk immer hinterfragen. Auch bei anderen zu kopieren hilft – dabei lernt man unglaublich viel.

Wie sind Sketchnotes aufgebaut? Gibt es eine Struktur?

Jeder, der in einem Text etwas mit Marker anstreicht und umkringelt oder sich Notizen an den Rand schreibt, erfüllt die Grundbedingung für Sketchnotes: das Geschriebene so visuell zu ergänzen, dass aus dem anonymen und gleichförmigen Text ein merkfähiges, individuell gestaltetes Blatt Papier wird, dessen Bildstruktur wir uns gut merken können. Das kann auch nur ein Rahmen sein, ein Pfeil, ein Strich, etwas Farbe, unterschiedliche Schriftformen oder kleine Zeichnungen.

Der Stift ist die Verlängerung unseres Gehirns zum Papier
Der Stift ist die Verlängerung unseres Gehirns zum Papier

Worauf muss ich als Anfänger beim Sketchnoten achten?

Einerseits auf die Grundlagen und auf eine gewisse Ordnung. Ein wuseliges Wimmelbild ist vielleicht toll anzusehen, aber schwierig "visuell zu lesen". Wenn ich die Notizen nur für mich erstelle, ist das nicht so wichtig. Will ich sie teilen oder gar für andere erstellen, muss ich sehr darauf achten.

Gibt es noch etwas Wichtiges zu ergänzen?

Es ist nie zu spät, mit dem Sketchnoting anzufangen! Der Stift ist die Verlängerung unseres Gehirns zum Papier. Kreativität und Innovation fallen uns viel leichter, wenn wir mehr mit dem Stift arbeiten statt mit der Tastatur. Schon die Frühmenschen haben sehr erfolgreich mit einer Art Sketchnote kommuniziert. Und das ist bis heute modern geblieben.

Dr. Wolfgang Irber hat seine Notizen schon immer mit kleinen Zeichnungen versehen. Heute verdient er damit seinen Lebensunterhalt – er ist Illustrator in der Unternehmenskommunikation. Sein Spezialgebiet: Sketchnotes. Auch in Kursen und Seminaren gibt der 55-jährige sein gesammeltes Wissen gerne weiter. Gerade visuelle Lerntypen profitieren besonders von Irbers Methoden.

Haben Sie Lust bekommen, gleich drauflos zu kritzeln? Dann schauen Sie doch vorher mal in unserem Geschäft in Leipzig vorbei. Hier bekommen Sie alle Materialien, die Sie für die Visualisierung Ihrer Notizen benötigen. Zum Beispiel Flipcharts, Filzstifte oder Whiteboardmarker der Marke STAEDTLER. Und jetzt sind Sie dran!

Foto von Dr. Wolfgang Irber
Dr. Wolfgang Irber, Illustrator in der Unternehmenskommunikation und Sketchnote Experte