01.07.2021
Stärken im Job erkennen
Was kann ich gut? Wie kann ich meine Stärken am besten einsetzen? Wie komme ich beruflich weiter? Sind wir stark in dem, was wir tun, haben wir Erfolg und steigern unsere Zufriedenheit. Businesscoach Nadine Kügeler verrät Ihnen, wie Sie Ihre Stärken erkennen und einsetzen können.
Hallo Nadine, was ist das überhaupt – eine Stärke?
Eine Stärke ist ein individuelles Talent oder eine Begabung. Egal ob beruflich oder privat: Wenn ich etwas tue, in dem ich stark bin, muss ich mich dafür kaum anstrengen. Ich freue mich auf diese Tätigkeit, bin im Flow und merke gar nicht, wie die Zeit vergeht. Persönliche Stärken sind die Dinge, die mir Spaß machen.
Warum ist es wichtig zu erkennen, wo die eigenen Stärken liegen?
Ich glaube, dass jeder von uns nach Zufriedenheit und dem Gefühl von Leichtigkeit für sein Leben strebt. Ich habe dann immer das Bild von mir als alte Frau im Kopf, die mit 80 im Schaukelstuhl sitzt und zufrieden auf ihr Leben zurückschaut, weil sie die meiste Zeit mit Dingen und Menschen verbracht hat, die ihr gut getan haben. Wenn ich noch nicht voll in meinem Potenzial angekommen bin, ist der Aufwand, meine Ziele zu erreichen, tendenziell gefühlt höher. Vor allem, weil ich mich dann sehr viel mehr mit negativen als mit positiven Gefühlen beschäftige. Auf den beruflichen Kontext bezogen erscheint mir die Arbeit dann oft anstrengend, ich fühle mich nach Feierabend müde oder sogar ausgelaugt.
Bei Tätigkeiten, die ich zudem nicht regelmäßig ausübe, muss ich in meinem Gehirn aktiv nach Erfahrungen, so genannten Netzwerken suchen. Habe ich das schon mal gemacht? Wie finde ich eine Lösung dafür? Das kann sich anstrengend anfühlen, weil diese Netzwerke noch nicht stark ausgeprägt und abrufbar sind. Arbeite ich hingegen innerhalb meiner Stärke, sieht es ganz anders aus. Das, was ich zur Lösung meiner Ziele und Herausforderungen benötige, ist in meinem Unterbewusstsein verankert und die Aufgaben gehen mir fast von alleine von der Hand. Es ist wie mit Hobbies, die mir wichtig sind, zum Beispiel Kochen, Skifahren oder Reiten: Habe ich diese Fähigkeiten einmal verinnerlicht, wende ich sie regelmäßig an und habe ich dabei positive Gefühle, kann ich sie jederzeit ohne Mühe wieder abrufen.
Was bedeutet das für den Beruf?
Bin ich stark in dem, was ich beruflich tue, arbeite ich effizient und effektiv. Mehr noch: Dann engagiere ich mich gerne und mein Job gibt mir ganz viel zurück! Deswegen ist es auch wichtig, dass Führungskräfte ihre Mitarbeiter an den richtigen Stellen mit den richtigen Herausforderungen einsetzen. Dafür sollten sie sich gemeinsam mit ihrem Team fragen: Welche Kompetenzen und Stärken haben wir im Team? Welche Ziele haben wir im Blick, welche Herausforderungen müssen wir gemeinsam und jeder Einzelne meistern? Dann schaut man, wer stark in seiner Rolle sein kann oder sich auch weiterentwickeln möchte. Arbeiten wir in unserem vollen Stärkepotenzial, führt das in der Regel zum Erfolg – die beste Belohnung überhaupt für unser Gehirn. Wir fühlen uns sozial bestätigt, zugehörig und trotzdem als Individuum in der Gruppe sichtbar.
Wie identifiziere ich denn überhaupt meine beruflichen Stärken?
Schauen Sie sich einen für Sie ganz normalen Arbeitstag an und fragen Sie sich: Was darf ich machen? Und was muss ich machen? Alles, was ich als "dürfen" empfinde, kann eine Stärke sein. Um herauszufinden, was ich gut und gerne mache, empfehle ich, die Dinge aufzuschreiben – so werden meine Aussagen viel realer. Die Wirkung, wenn ich meine Erkenntnisse sehen kann, lässt sich nicht so einfach wegschieben. Arbeiten Sie auf einem Flipchart oder Whiteboard. So haben Sie vollen Raum, um sich zu entfalten. Zusätzlich können Sie aus Ihren Erkenntnissen ein persönliches Visionboard erstellen. Diese analogen Arbeitsweisen erlauben Ihnen, Ihr Ergebnis so zu gestalten, wie es zu Ihnen passt: Sie können basteln oder malen, schreiben oder mit Sketch Notes arbeiten.
Welche Methode wendest du gerne an?
Für die Erarbeitung von Rollen nutze ich als Ergänzung zu meinem eigens entwickelten Rollencanvas oft das Drei-Welten-Modell nach Bernd Schmid. Dazu male ich einen großen Kreis auf ein Flipchart oder Whiteboard, den ich in drei Tortenstücke unterteile. Diese bekommen die Überschriften "Beruf", "Privat" und "Profession". In die Tortenstücke schreibe oder male ich nun die Rollen, die ich in den jeweiligen Teilbereichen einnehme. Bei "Profession" schreibe ich die Rollen auf, die ich mal in der Vergangenheit besetzt habe, heute aber nicht mehr.
Sammeln Sie erst einmal ohne Wertung alle Rollen, die Ihnen einfallen. Meist startet man automatisch mit den expliziten Rollen wie beispielsweise "Mama", "Bruder" oder "Führungskraft". Spannend sind aber auch die impliziten Rollen, also die Rollen, die Ihnen offiziell keiner zugesprochen hat. Sie sind der Kummerkasten für Ihre Kollegen? Sie organisieren jedes Fest im Freundeskreis oder den Familienalltag? Verbringen Sie Ihre Freizeit am liebsten mit Pinsel und Farben vor der Leinwand? Haben Sie in Ihrer Jugend mal intensiv einen Sport betrieben? Nehmen Sie sich dafür gerne mehrere Tage Zeit und ergänzen Sie die Sammlung immer wieder. Sie werden überrascht sein, was Sie alles (wieder-)entdecken. Dann unterstreichen Sie mit einem grünen Marker alle Rollen, die Sie gut finden und die Ihnen Spaß machen. Mit einem roten Marker werden alle markiert, die Ihnen zwar zufallen, Sie jedoch tendenziell anstrengend finden. So können Sie Muster erkennen und haben eine gute Basis, die grün unterstrichenen Rollen zu stärken und die rot unterstrichenen zu reduzieren.
Ist es neben den Stärken auch wichtig, die eigenen Schwächen zu kennen?
Ja, denn so grenzen wir unseren Raum der Möglichkeiten ab. Vergegenwärtige ich mir nicht nur meine Stärken, sondern auch meine vermeintlichen Schwächen, weiß ich, in welchem Rahmen ich mich privat und beruflich gut bewegen kann. Dafür kann ich mir die Fragen stellen: Was fällt mir nicht leicht? Was macht mir keinen Spaß? Ich kann beispielsweise festhalten, dass ich nicht gerne putze. Dann kann ich versuchen, diese unliebsame Aufgabe durch andere, mir Freude bringende Aufgaben auszugleichen. Ich kann sagen "Ich putze das Bad, dafür pflanze ich heute auch noch die Tomaten ein, was mir viel Spaß macht." Oder aber die Erkenntnis dieser Schwäche motiviert mich, diese Aufgabe durch andere erfüllen zu lassen – indem ich beispielsweise eine Putzhilfe bezahle. Im Job kann ich auch überlegen, ob sich Aufgaben beispielsweise umverteilen lassen.
Stärke im Beruf wird oft direkt mit Führungsqualitäten in Verbindung gebracht. Muss jeder eine Führungspersönlichkeit werden, der stark in seinem Job sein will?
Dazu finde ich erst einmal wichtig zu klären: Wann führt jemand? Führung findet für mich dann statt, wenn jemand so für ein Thema (ein-)steht, dass er andere Menschen begeistert und sie sich ihm gerne und freiwillig anschließen sowie anvertrauen. "Wer selbst brennt, kann andere entzünden." Auch heißt führen für mich, transparent, souverän und zugewandt Wissen weiterzugeben. Gesellschaftlich ist der Begriff "Führung" sicherlich auch anders belegt. Nach meinem Verständnis kann "Führung" aber völlig unabhängig von einem "Chef" in der Berufsbezeichnung stattfinden. Ich bin fest davon überzeugt, dass jeder in seinem persönlichen Stärkebereich führen kann, und keiner muss. Denn auch Führung ist eine Aufgabe, das Spaß machen sollte – das trifft nicht auf alle Menschen zu.
Danke für das Interview, liebe Nadine!
Über Businesscoach Nadine Kügeler
"Ich würde mir wünschen, dass jeder für seine Lebenszeit Verantwortung übernimmt und diese gestaltet. Damit würden wir die Effektivität und Effizienz in Unernehmen erhöhen und die Zufriedenheit für jeden einzelnen steigern", sagt Nadine Kügeler. Die selbstständige Expertin für Businesscoaching und agile Arbeitsmethoden setzt sich dafür ein, dass Führungskräfte und ihre Teams eine wirksame Zusammenarbeit gestalten, "indem die Stärken jedes Teammitglieds dort eingesetzt und gestärkt werden, wo es freiwillig und engagiert den besten Beitrag zum Ergebnis leisten möchte", sagt die 36-Jährige. Ihre Arbeit beruht auf einer Kombination aus Kreativtechniken des Design-Thinking-Methodenkoffers, Elementen aus agilen Retrospektiven und agilen Frameworks sowie den klassischen Projektmanagementmethoden. "Agiles Arbeiten liegt voll im Trend", sagt Nadine Kügeler. "Damit bearbeiten wir aber Fragen, die sich im beruflichen Umfeld eigentlich jeder stellt: Was braucht das Team? Was können wir wie umsetzen, welches Bedürfnis wie stillen? Was ist schon da, was brauchen wir noch?" Sie arbeitet stärkenorientiert und hilft Teams und Einzelpersonen, ihr volles Potenzial zu entfalten.
Stärken erkennen mit Mein RothStift
Sie möchten sich auf die Suche begeben nach Ihren ganz persönlichen Stärken? Wir von Mein RothStift helfen Ihnen gerne dabei. In unserem Geschäft in Leipzig finden Sie viele Produkte, die Sie bei der Visualisierung Ihrer Gedanken unterstützen. Besonders ans Herz legen wir Ihnen dabei die Produkte von STAEDTLER. Der Stiftexperte hat von Whiteboardmaker über Textmarker bis hin zu Flipchartmarkern viele Produkte im Sortiment, die Ihnen dabei helfen, Ihre Ideen festzuhalten. Die Stifte für Whiteboard und Flipchart können dank der innovativen Dry-Safe-Technik tagelang offen liegen bleiben, ohne auszutrocknen. Die Tinte ist farbintensiv, schnelltrocknend und geruchsarm. Sie sind mit Rund- und Keilspitze in vielen verschiedenen Farben erhältlich – so können Sie in Wort und Bild auf Whiteboard oder Flipchart Ihren Gedanken freien Lauf lassen. Heben Sie mit den leuchtstarken Textmarkern von STAEDTLER besonders wichtige Gesichtspunkte hervor, damit Sie diese nicht aus den Augen verlieren.
Video: Nadine Kügeler über Rollenklärung
Nadine Kügeler stellt ihr Wissen auch in Vlogs zur Verfügung. Schauen Sie in dieses Video zum Thema Rollenklärung im (Projekt-)Team.